Der Krieg der 12 Zodiak-Tiere

Rekonstruktion einer altjapanischen dreiteiligen Bildrolle aus dem National Museum Kyoto

Was macht man als Japan- und Comicfan, wenn man sich für etwas sehr interessiert und besitzen möchte, das gewisse Etwas aber noch nicht einmal so ohne Weiteres in die Hand nehmen dürfte? Ich gebe zu, die Sache ist speziell, wenigen Eingeweihten bekannt, sehr alt, kostbar, ein japanischer Kulturschatz im Museumsarchiv: ein Emaki mono.

Diese mittelalterlichen Geschichten aus dem Land der aufgehenden Sonne hatten es mir angetan, wunderschöne Bild- und kalligrafierte Textbahnen als meterlange Rollenbücher. Im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln gibt es die erste Rolle vom ‚Krieg der zwölf Zodiak Tiere‘, (leider ohne Texte) eine Fabel des 14. Jh., das früheste Beispiel einer Geschichte mit handelnden und sprechenden Tieren, quasi ein Comic. Die hatte es mir angetan.

Ich hatte die verwegene Idee, die drei Bildrollen in Text und Bild so genau zu kopieren, wie sie vielleicht einmal vor 600 Jahren ausgesehen haben könnten, ohne verblasste Farben, Altersbräune und Gebrauchsspuren. Eine Literaturrecherche musste zeigen, ob ich es schaffen könnte oder ob mich der Schneid verlassen würde.

Der Gedichtwettstreit

Sich den Kosmos eines alten japanischen Kunstwerkes anzueignen, hatte etwas Aufregendes an sich. Je weiter ich vordrang, umso mehr Türen öffneten sich für Kenntnisse über Politik, buddhistische Religion, Gesellschaft, Ethos der Samurai, Rüstungen, Waffen,Götter und Wesen der Anderwelt, Kosmologie, Dichtkunst, Malschulen, usf. Da waren zunächst die Tiere des chinesisch/japanischen Kalenders und ihre Bedeutung: der Drache als mythologisches Tier, die Schlange als einziges weibliches Wesen, Hahn, Hund, Ziege, Hase, Affe, Pferd, Ochse, Wildschwein, Ratte, Tiger. Sie halten als gebildete Adlige in höfischer Sitte und Kleidung einen Gedichtwettstreit ab.

Tanuki
Tanuki als Dämon
Tanuki als Mönch

Richter ist der Hirsch mit einem Begleiter. Und um den dreht sich die ganze Geschichte. Er ist die Hauptperson, obwohl er nicht im Titel vorkommt. Es ist der Tanuki, ein in Japan nicht nur in Märchen häufig vorkommender Marderhund. Er ist ein intriganter übler Charakter, ein Trickster und Gestaltwandler, hinterhältig, hochmütig und gefährlich eifersüchtig. Er findet die Rolle des Hirschs toll und will ebenfalls dieses Amt übernehmen, wird aber von den Tieren für diese Anmaßung entsetzlich verprügelt.

Man ahnt, was kommt. Mit Hilfe seiner Kumpane schwört er Rache. Diesmal sind es Räuber wie Wolf, Fuchs, Bär, Dachs, Wiesel und sechs Vögel. Davon ist der Milan ebenfalls ein Gestaltwandler und listiger Berater. Sie zetteln einen Krieg gegen die Zodiak Tiere an, den sie jedoch auch mit Hilfe von Dämonen aus der Anderwelt nicht gewinnen können. Das führt letztendlich zur Umkehr und Wandlung beim Tanuki. Er wird ein frommer Buddhist und Einsiedler, eben ein reuiger Loser.

Die „Bande“: Tanukis Krieger
Das Mondgedicht des Drachen
Das Mondgedicht des Drachen
Die Schlacht
Originalvorlage
Originalvorlage

Nachdem ich den Text der Geschichte ausgearbeitet hatte, begann ich mit der Übertragung der Szenen und ersten Malversuchen mit Gouachefarben auf Japanpapier. Die Gestaltung und Einarbeitung der Texte sollte möglichst nahe angelehnt an die japanische Kalligrafie erfolgen. Ich entschied mich, den Lesern die Leserichtung von oben nach unten und in Spalten von rechts nach links zuzumuten. Das Ergebnis fand ich insgesamt angemessen. Ich bin keine Japanerin, spreche nicht Japanisch, bleibe bescheiden. Mehr als eine intensive Einfühlung und exakte Studie konnte mir nicht gelingen. Aber das Ergebnis einer dreieinhalb Jahre langen Arbeit hatte was. Das Ergebnis war eindrucksvoll. Das sollten wirklich mehr Menschen sehen und lesen! Und das bedeutete, dass aus den neuen Originalrollen eine digitalisierte Druckvorstufe für eine Verlagsveröffentlichung ebenfalls als Buchrollen herzustellen wäre. Dazu bedurfte es einiger wahrer Enthusiasten für dieses Projekt, Fachmenschen für moderne Medien, Layout und Verlagswesen und die Technik eines XXL Scanners für meterlange Bildbahnen. Die Innovation ist gelungen: ein mittelalterliches japanisches Emaki auf drei Buchrollen für deutschsprachige Leser!

Die drei Rollen sind im Berliner Verlag „Round not Square“ in einer limitierten Sonderedition erschienen, die erstmals bei kickstarter.com vorgestellt worden ist. Dort gibt es auch einen kurzen Film zu den drei Rollen zu sehen.

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